red white puzzleIn Mehrfamilienhäusern mit eigener Stromerzeugung, z.B. aus einer Photovoltaikanlage oder einem BHKW, wird der produzierte Strom in verschiedenen Bereichen und von verschiedenen Personen genutzt. Je nach Konstellation kann eine EEG-umlagebegünstigte Eigenversorgung vorliegen  oder eine voll umlagepflichtige Stromlieferung. Nur für letztere kann Mieterstromförderung in Anspruch genommen werden, aber nur unter engen Voraussetzungen.

In dieser kleinen Artikelserie wollen wir die zur Abgrenzung wichtigen Begriffe und die Fallgestaltungen kurz ansprechen, die bei der Versorgung eines Mehrfamilienhauses mit eigenem Strom eine Rolle spielen.

In Artikel 1 haben wir die Grundlagen der Unterscheidung zwischen Eigenversorgung und Stromlieferung erklärt. In den Folgeartikeln wollen wir nun typische Konstellationen der Eigenversorgung und Stromlieferung im Mehrfamilienhaus einzeln vorstellen.

In diesem Artikel geht es zunächst um Konstellationen, die allgemein als Eigenversorgung gelten. Selbst diese werfen manche Probleme auf.

 

1. Wohnungsnutzer (Mieter oder Eigentümer) mit eigener PV-Anlage

 

Wer als Wohnungsnutzer sich selbst mit Strom aus der „eigenen“ PV-Anlage versorgt, ist Eigenversorger („Personenidentität von Erzeuger und Letztverbraucher). Dies soll sozusagen der „Normalfall“ der Eigenversorgung sein. Ob der Wohnungsnutzer Eigentümer der Wohnung oder der für die Anlage benutzten (Balkon-/Dach-) Fläche ist, ist völlig unerheblich. Auch auf das Eigentum an der Anlage kommt es eigentlich nicht an.

Die Miete einer PV-Anlage wird aber als Stromlieferung gewertet, wenn der Vermieter die „Risiken des Betriebes“  trägt und die Anlagenfahrweise bestimmt. Denn dann sei der Vermieter Betreiber der Stromerzeugungsanlage, nicht der Mieter selbst. Wie diese unscharfen Wertungen im Einzelfall anzuwenden sind, ist unklar und sollte ggf. vor Aufnahme der Eigenversorgung mit dem Netzbetreiber geklärt werden.

Keine Eigenversorgung soll jedenfalls die anteilige Miete einer PV-Anlage sein. Wollen mehrere Bewohner eines Hauses Eigenversorgung betreiben, müssen die Anlagen also technisch getrennt sein. Vergütungstechnisch werden die Anlagen aber trotzdem zusammengezählt, wenn sie innerhalb von 12 Kalendermonaten in Betrieb genommen wurden. Die zuerst in Betrieb genommene Anlage gewinnt die günstigste Vergütungsstufe, die zuletzt in Betrieb genommene Anlage „sammelt die Lumpen auf“. Die Zusammenrechnung bei der 10kW/10 MWh-Bagatellgrenze für die EEG-Umlage soll aber nach Auffassung der EEG-Clearingstelle nur mit Anlagen innerhalb derselben Eigenversorgung (gleicher Betreiber) erfolgen. Ob sich diese Auffassung durchsetzt, ist aber ebenfalls noch unklar.

Ebenso unklar ist, was „selbst“ verbrauchen im Detail bedeutet. Mitbewohner einer Wohnung und Gäste sollen nach Maßgabe des Leitfadens der Bundesnetzagentur nichts daran ändern, dass der Anlagenbetreiber in seiner Wohnung den Strom „selbst“ verbraucht. Aber gilt das auch in einer Wohngemeinschaft? Was, wenn eine Familie in zwei  Wohnungen wohnt oder zwei Familien in einer einzigen Wohnung?

In der Praxis hilft es, wenn der Anlagenbetreiber Anschlussinhaber bzw. Anschlussnutzer der Wohnung ist. Wer sich im Einzelnen in der Wohnung aufhält, wird meist nicht gefragt.

Eine saubere Lösung ist das aber nicht. Denn schon bei Untervermietung eines Zimmers muss man wegen der neuen Regelungen zum Mieterstrom in §§ 42a Abs. 2 Nr. 1 EnWG und 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB davon ausgehen, dass der Gesetzgeber den  Stromverbrauch in diesem Zimmer als Stromlieferung des Vermieters an den Mieter wertet.  Ähnliches gilt, wenn das Elektroauto der Firma (andere juristische Person!) geladen wird, usw. Spätestens die Zwischenvermietung der Wohnung für einen längeren Urlaub führt glasklar zur Stromlieferung, wenn der Stromanschluss nicht auf den Mieter umgemeldet und die Anlage nicht für diese Zeit zur Volleinspeiseanlage umdeklariert oder dem Mieter unter Übertragung von Risiko und Kontrolle der Anlagenfahrweise (siehe oben) mitvermietet wird.

Unterbleibt die Ummeldung des Stromanschlusses auf den Zwischenmieter, wird also nur intern abgerechnet, ist das übrigens immer eine Stromlieferung des Anschlussinhabers an den Mieter, auch wenn nur Netzstrom verbraucht wird. Würde man die Stromversorgung durch den Vermieter in Wohnheimen, Untervermietungen oder bei Zwischenmiete korrekt behandeln, müsste der Vermieter den an die Mieter „gelieferten“ Strom als Elektrizitätsversorgungsunternehmen steuerfrei und ohne EEG-Umlage einkaufen, um Strom- und Mehrwersteuer sowie EEG-Umlage dann selbst mit Zoll, Finanzamt und Übertragungsnetzbetreiber abzurechnen. Daneben wären diverse Anmeldungen (Markststammdatenregister, REMIT, Zoll) erforderlich, die in der Praxis niemand in Betracht zieht, der eigentlich nur eine Wohnung vermieten will. In der Praxis wird das aber so nicht gehandhabt, weil die EEG-Umlage, Stromsteuer etc. durch den Netzstromanbieter schon bezahlt sind. Das aber ist so im Gesetz nicht vorgesehen und sobald einer der Beteiligten Probleme macht, typischerweise bei Eigenerzeugung vor Ort, wird der gesetzgeberische Wahnsinn über den Vermieter ausgeschüttet.

Zu warnen ist daher auch vor unsauberen Zählerlösungen, bei denen dem oder den Eigenversorger(n) der gesamte Verbrauch des eigenerzeugten Stroms im Haus zugeschlagen wird, obwohl weitere Verbraucher im Haus tatsächlich einen Teil des Stroms aus der Eigenversorgungsanlage verbrauchen, deren Zähler aber Netzstrom zählt. Rechnerisch geht das bei laxer Handhabung  im Summenzählermodell zunächst auf. Es wird hin und wieder auch von Netzbetreibern toleriert. Rechtlich wird hierbei aber das Prinzip der „Zeitgleichheit“ mißachtet. Wird die „Kulanz“ des Netzbetreibers beendet und das Gesetz konsequent angewendet, kommen neben nachträglichen Forderungen zum Umbau der Zählertechnik auch Nachforderungen bei der EEG-Umlage und komplizierte Fragen der Nachträglichen Abrechnung der betroffenen Strommengen auf den Vermieter bzw. Anlagenbetreiber  zu. Das ist keine theoretische Möglichkeit. Es ist im Gegenteil so, dass die verpflichtende regelmäßigen Prüfung der EEG-Umlage-Abrechnung des Netzbetreibers durch Wirtschaftsprüfer regelmäßig dazu führt, dass ein Abweichen vom Gesetz aus „Kulanz“ früher oder später auffällt.

 

2. Vermieter/WEG versorgt Gemeinschaftsanlagen mit eigenem BHKW / eigener PV-Anlage

 

Auch wenn Gemeinschaftsanlagen vom Vermieter bzw. in Wohnungseigentümergemeinschaften von der Eigentümergemeinschaft (WEG) mit eigenerzeugtem Strom betrieben werden, verbrauchen der Vermieter bzw. die WEG den Strom für diese Anlagen im Sinne der Eigenversorgung „selbst“. Eine auf Rechnung der WEG betriebene PV-Dachanlage, die den Strom für die Treppenhausbeleuchtung, Wärmepumpe, Fahrstuhl oder zentrale Klimaanlage liefert, begründet also eine Eigenversorgung der WEG als Gemeinschaft. Das wird hin und wieder bestritten, ist aber eigentlich völlig klar. Denn an wen sollte die WEG den Strom liefern? Eine Lieferung des Stroms an die einzelnen Mieter oder Wohnungseigentümer kann schon deshalb nicht vorliegen, weil diesen keine Strommengen zuzuordnen sind, die sie verbraucht haben sollten. Mieter, Wohnungseigentümer und Besucher nutzen zwar die Gemeinschaftsanlagen und bezahlen über die Betriebskostenumlage („Nebenkosten“) anteilig deren Betrieb, sie „betreiben“ die Gemeinschaftsanlagen jedoch nur nicht. Wer von seinem Netzbetreiber etwas anderes zu hören bekommt, sollte sich an einen Anwalt wenden.

Nicht als Gemeinschaftsanlagen gelten allerdings Klimaanlagen mit einzelnen, autonom arbeitenden Klimageräten in den jeweiligen Wohnungen bzw. Mietbereichen. Denn hier entscheidet der jeweilige Mieter über den Betrieb dieser einzelnen Geräte. Meistens beziehen solche Geräte  ohnehin den Strom über den Zähler der jeweiligen Wohnung oder Mieteinheit.

Auch bei den Gemeinschaftsanlagen entstehen aber Unklarheiten, wenn diese durch Drittfirmen für den Vermieter oder die WEG betrieben werden.

Vermietern, die mangels gewerblicher Tätigkeit Steuervorteile haben, macht außerdem der als gewerblich geltende Verkauf des Überschusstroms steuerliche Probleme, weil diese Gewerblichkeit die gesamte Tätigkeit „infiziert“ und erhebliche Steuernachteile nach sich zieht.

Nicht vergessen sollte man bei der Kalkulation solcher Projekte schließlich, dass bereits in geheimen Arbeitsgruppen der Energiepolitik Änderungen der Netzentgelte diskutiert werden, die den Stromanschluss für Eigenversorger teurer machen sollen. Denn ab und zu brauche er ja dessen volle Kapazität, was durch die Umlagung auf den Stromverbrauch nicht mehr adäquat abgebildet wird. Die Verteuerung des Anschlusses wird die Rentabilität auch von schon bestehenden Eigenversorgungen  verschlechtern.

Wir möchtendie oben beschriebenen Probleme für die Praxis und dort, wo die Politik gefordert ist, auch für diese, in Gutachten aufbereiten, die die uns unterstützenden Vereine  veröffentlichen und der Politik und der Clearingstelle vortragen würden. Daneben würden wir für Betroffene Musterprozesse führen. Hierzu sammeln wir finanzielle Beiträge ab € 1.000 von Betroffenen. Diese erhalten die Gutachten und Prozessergebnisse aus erster Hand  und können sicher sein, dass ihre besonderen Fragen an die Begutachtung berücksichtigt werden.

Natürlich stehen wir Ihnen auch zur Verfügung, wenn Sie sich individuell beraten oder vertreten lassen wollen.

Bitte wenden Sie sich bei Interesse an Rechtsanwalt Peter Nümann.

 

Verfasser: